Stadtmühle Allstedt

Zu den ältesten erhaltenen Gebäuden Allstedts zählt die an der alten Stadtmauer gelegene Mühle. Das aus dem Rohnebach hergeleitete Wasser trieb ihr Mühlrad über Jahrhunderte an.

 

In einem Traum eines alten Mannes namens Herold, der in Allstedt zu Müntzers Umfeld gehörte und dessen Träume Müntzer auslegte, kommen auch eine Mühle beim Allstedter Tor und der Müller vor, der den Magister – also Müntzer – hieß, zu ihm zu kommen. In einem zweiten Traum sah Herold jemanden in der Stube, dem wollte man den Kopf abschlagen.

Müntzer könnte diese Träume des Alten, die in die Zeit seines zweiten Verhörs in Weimar fielen, als göttliche Offenbarung gedeutet haben. Dies kann ihn mit dazu bewogen haben, aus Allstedt zu fliehen und sich nach Mühlhausen zu wenden.

 

 

Auszug aus der Chronik der Stadtmühle Allstedt

 

Wann genau die Mühle ursprünglich errichtet wurde, kann derzeit nicht gesagt werden, da die entsprechenden Unterlagen fehlen. Aus vorhandenen Dokumenten geht hervor, dass 1621 Friedrich Bauch Eigentümer und Müller der Mühle war. Das damalige Gebäude unterschied sich von dem heutigen. Im Jahr 1716 wurde das Mühlengebäude neu aufgebaut und erhielt sein markantes Äußeres.

Der Müller Friedrich Bauch verkaufte die damalige Mühle an den Handelsmann Anton von Wingen aus Mühlhausen, der eine Münze einrichten wollte. Aufgrund von Unregelmäßigkeiten wurde kurze Zeit später das Prägen von Münzen wieder eingestellt.

 

Matheus Nicolii pachtete 1623 die Mühle und nutzte sie zweckentsprechend. Friedrich Bauch kaufte im Jahre 1625 zum zweiten Mal die Mühle. Die Mühle war zu diesem Zeitpunkt mit zwei Mahlgängen und gutem Mahlgeschirr ausgestattet. Am 28. Dez. 1654 kaufte Hans Ratzmann die Mühle.

 

In der Mitte des 17. Jahrhunderts kam viel Unheil über die Stadt Allstedt, was sich auch auf den Mühlenbetrieb auswirkte.

Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges brachten fast alles zum Erliegen. Von der Bevölkerung war nur noch ein Bruchteil vorhanden. Viele Häuser waren niedergebrannt oder standen in Trümmern. Die Äcker lagen verwildert und ungepflügt brach. Von der übrig gebliebenen Bevölkerung hatte niemand Geld oder Lust etwas aufzubauen. Die Stadt erholte sich nur sehr langsam von den Schrecken des blutigen Krieges.

Als man wieder aufatmen konnte, brach ein neues Unglück über die Stadt herein. Eine Feuerbrunst, die 40 Häuser dem Erdboden gleich machte, brach am 09. März 1657 in Allstedt aus. Eine weitere vernichtete im Jahr 1662 einen großen Teil der Stadt.

 

Mit dem Ausbruch der großen Pest im Jahr 1681 kam ein weiteres Unheil auf Allstedt zu. So starben innerhalb weniger Wochen über 800 Menschen, 38 Familien starben völlig aus. Von 46 Familien blieb nur 1 Familienmitglied übrig. 4 – 6 Häuser blieben von der Pest verschont.

(D. Nicolai, „Die große Pest zu Allstedt im Jahre 1681“ aus: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde, von 1891)

 

Während die Tore der Stadt geschlossen gehalten wurden, entwickelte sich an der verborgenen Mühlpforte ein reger Verkehr.

Man kann sich vorstellen, dass durch die Abriegelung der Stadt die Existenz der übrig gebliebenen Familien auf dem Spiel stand, sie brauchten Essen und andere wichtige Dinge zum Überleben. Durch die Mühlpforte konnten die hergestellten Waren verkauft und Lebensmittel sowie Heiz- und anderes notwendiges Material beschafft werden. Die Pforte entwickelte sich zu einer Art Schwarzmarktplatz.

 

Im Juni 1694 starb der Müller Hans Ratzmann. Der als Pachtmüller tätige Hans Ludger Haase übernahm die Mühle.

 

Ende des 17. Jahrhundert (ca. 1697) heiratet Johann Zacharias Triebel Maria Christina Ratzmann, die Tochter des Stadtmüllers Hans Ratzmann, der die Stadtmühle von 1654 bis 1694 besaß.

Im Jahr 1705 übernimmt Johann Zacharias Triebel die Stadtmühle als Müller.

Die Familie Triebel bekommt sieben Kinder, fünf Töchter und zwei Söhne.

 

Am 23.Februar 1705 erhält der Stadtmüller Johann Zacharias Triebel vom Stadtrat die Rechte zum Brauen.

 

Am 08.06.1707 wird von Johann Wilhelm, Herzog zu Sachsen, ein Mühlenprivileg unterzeichnet, welches aussagt, dass nur so viele Mühlen zugelassen werden dürfen, wie benötigt werden. Durch diesen Schachzug des Herzogs wird den Mühlen einerseits eine feste Einnahmequelle zugesichert, da die Einwohner Allstedts nur noch in der Stadtmühle mahlen lassen dürfen, andererseits sichert sich Herzog Johann Wilhelm seinen Zinsertrag, indem der Müller guten Umsatz macht.

 

Am 20. April 1718 bricht um Mitternacht ein Feuer in Allstedt aus. Aus den Polizeibericht geht hervor, dass auch die Stadtmühle beschädigt wurde. Triebel baut die Stadtmühle erneut auf.

Diesmal verewigt er sich in einem Schmuckornament über dem Mühleneingang:

 

„Gott segne dieses Hauß

Und die gehen ein und aus

Anno 1716 ist diese Mühle in grund aus…

Und Anno 1718, d. 20. Apr. durchs Feuer

verzehret worden.

Von Meister Johann Zacharias Triebeln aber

Als Eigenthums Müller wieder erbauet

Worden.“

 

 

Am 31.März 1730 stirbt Johann Zacharias Triebel. Die Witwe Maria Christine lässt zunächst die Mahlgeschäfte durch de Mühlknappen Günter Gehlmann führen.

Am 15.5.1735 stirbt die Witwe. Nach Klärung der testamentarischen Angelegenheiten wird Johann Berhnhard Triebel, der zurzeit in Lubau wohnt, als Erbe der Stadtmühle erklärt und beginnt 1737 mit der Müllerei.

 

1741 heiratet er 35-järig Maria Emerantia, geb. Bloßfeld. Ihr Vater ist Pachtmüller in Voigtstedt. 1742 wird ihre einzige Tochter Friedrika Catharina geboren.

Johann Bernhard Triebel stirbt am 21.09.1775 im Alter von 69 Jahren.

 

Carl Friedrich Gräf wird als 3. Kind des angesehenen Kaufmanns Johann Christian Heinrich Gräf am 13.05.1794 in Allstedt geboren.

1808 kauft sein Vater die Stadtmühle und zieht mit der ganzen Familie dorthin. 1813 schließt er sein Studium ab. Sein Vater wendet sich in diesen Monaten mit der Bitte an ihn, die Geschäfte der Stadtmühle zu übernehmen, da er von den Arbeiten seines ältesten Sohnes Friedrich Christian nicht überzeugt ist. Carl Friedrich willigt ein und übernimmt am 01.06.1813 die Geschäfte der Stadtmühle. Am 20.06.1813 heiratet er Christina Frederika Augusta Zeh aus Allstedt.

Carl Friedrich ist als Stadtmüller am gesellschaftlichen und politischen Leben seiner Heimatstadt Allstedt interessiert. So wird er 1816 zum Stadtsyndicus gewählt und 1822 zum obrigkeitlichen Abgeordneten bei den Innungen. 1824 wählt man ihn zum Amtschultheiß und somit in den Stadtrat. Gräf versteht es als Anfang Dreißigjähriger, seine Stadtmühle kaufmännisch erfolgreich zu leiten, politisch die Geschehnisse in Allstedt mitzubestimmen und seinen Beruf als Geometer erfolgreich auszuführen.

1836 geht er als Deputierter zum Weimarischen Landtag, wo er bis 1840 bleibt. Er gehört dort der bürgerlichen Opposition an. Gleichzeitig wird er als Bezirkdeputierter gewählt und ist im Beratungsausschuss des Stadtrates. 1836 wird ihm das Amt des Feuerlöschinspektors übertragen.

1846, im Alter von 52 Jahren, wird Carl Friedrich Gräf zum Stadtältesten gewählt, Nachfolger von Dr. Heinrich, und übernimmt somit den Vorsitz des Beratungsausschusses. Seine politische Karriere erhält ihren Höhepunkt als er 1847 zum stellvertretenden Bürgermeister benannt wird. 1863 wird die Goldene Hochzeit gefeiert, die wie die Grüne Hochzeit, als gesellschaftliches Ereignis in die Stadtgeschichte eingeht. Seine Frau Christiana stirbt am 26.09.1866. Gut 10 Jahre später, am 21.11.1876, im Alter von 82 Jahren stirbt ebenfalls Carl-Friedrich Gräf.

 

 

Die Chronik der Stadtmühle, aus der hier zitiert ist, wurde von dem Mühlenverein „Stadtmühle Allstedt e.V.“ recherchiert.

 

Anfang der 1970er Jahre wurde der Mühlengraben zugeschüttet und der Mühlenantrieb auf Elektrizität umgestellt. 1995 erwarb die Familie Bruns das Mühlenensemble, welches sich in einem sehr desolaten Zustand befand. Mit Hilfe des Mühlenvereins Stadtmühle Allstedt e.V. begannen 1996 die umfangreichen Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten in und an der Mühle.

Zur Vervollständigung der Mühlentechnik wurden Müllereimaschinen aus abbruchreifen Mühlen erworben und nachdem sich angepasst worden sind, eingebaut.

Nach einem aufwendigen Genehmigungsverfahren bekam 1999 der Mühlenverein die Wasserrechte zugesprochen. Durch die Erlangung der Wasserrechte, die Wiederherstellung des Mühlengrabens und die Inbetriebnahme des Wasserrades besteht die Möglichkeit zur alternativen Energiegewinnung.

 

Heute befindet sich die Stadtmühle in Besitz der Familie Mühlstädt. In einladenden Gästezimmern kann hier gut übernachtet werden. Weitere Informationen finden Sie unter https://stadtmuehle-allstedt.de/.